 |
Marie -- 25 Monate
Wirkt sie nicht schon fast wie eine junge Frau?
Ich verbinde damit eine hohe Variablilität im Aussehen. Wannimmer
man sie sieht, sehen sie anders aus, abhängig von der Sonneneinstrahlung,
der Tageszeit, der aktuellen Stimmung, dem Wetter, den Aktivitäten
des Vortags... Die Variabilität scheint um so ausgeprägter, je jünger
sie sind. Ich bin echt beeindruckt von Maries zahlreichen
Gesichtern.
Hier schaut Marie besonders lieb. Fast könnte man meinen, sie hätte
einen besonderen Wunsch. Allerdings macht Marie dann kein liebes
sondern eher ein forderndes, entschlossenes, ungeduldiges Gesicht.
Nein, Marie macht ein liebes Gesicht, weil sie fotografiert wird.
Das schätzt sie nämlich sehr. Außerdem ist wunderschönes Wetter und
man wird in Kürze zu einem Ausflug aufbrechen. |
|
|
Sprechen |
Natürlich beschäftigt sich Marie viel mit dem Sprechen. Wie nicht
anders zu erwarten, gibt es dabei einige Besonderheiten (wie ich
erfahren habe, verbreitet bei Kindern ihres Alters). |
Non!!! |
Non!!! , das ist Maries Lieblingswort. Mehr als die
Hälfte aller Fragen werden mit einem Non!!! beantwortet.
Fast hat man den Eindruck, dass dieses Wort unbedingt zu einer
Antwort dazugehört.
Ich habe gehört, man müsse ein Nein einer Frau nicht
unbedingt immer ernstnehmen. Nun, zumindest bei Marie gilt das bisher
noch. Wenn man sie etwa fragt Marie, bist Du müde? ,
kann man fast sicher auf ein Non!!! rechnen, auch
wenn sie sich intensiv die Augen reibt, sich offensichtlich nicht mehr
wohl fühlt und die Augen nur noch mit Mühe offenhält. Normalerweise
kann man sie dann aber trotz dieses Neins ins Bett bringen. Dort
rollt sie sich zusammen und ist wenige Minuten später eingeschlafen.
Auch wenn ein verdächtiger Geruch die Frage Marie, hast Du
Kaka gemacht? aufdrängt, ist ein Non!!! unvermeidlich.
Das darf man nicht ernstnehmen. Marie hatte immer Kaka gemacht, außer
einmal: da war Mamas Käse für den Geruch verantwortlich.
Nachdem ich schon viele Non!!! aber noch nie
ein oui gehört hatte, fragte ich mal Marie, kannst
Du auch «oui» sagen? . Ihr werdet es nicht glauben!
Die Antwort war ouiouiouiouiouiouiouiouioui... !
All die früher so vermissten oui als Antwort auf diese
einzige Frage zusammengefasst... Es waren so viele oui ,
dass ich nicht erwarten konnte, später noch welche zu hören.
Es liegt also nicht daran, dass Marie oui nicht kennt.
Vielleicht verwechselt sie oui und non ? Aber nein:
Sie sagt oft Non!!! ,
wo es keinerlei Zweifel an der üblichen Verwendung des Wortes gibt.
Die nächste Erklärung könnte folgendermaßen aussehen: Maries häufiges
Non!!! ist ein Spiegel ihrer Erfahrung. Natürlich
benutzen Erwachsene das Wort non nicht so oft wie
Marie, aber das liegt überwiegend daran, dass sie Sprache viel
weniger effizient einsetzen. Wo Marie einfach
Non!!! sagt, haben Erwachsene viele
Umschreibungen: Nicht ins Wasser! Du hast keine Stiefel an ,
Du kannst heute nicht an diesem Wasser spielen! Es ist zu kalt ,
Komm, da ist es gefährlich! , Komm! Wir gehen ein anderes mal
dahin , Das gehört Deinem Bruder , Sei ein
wenig vorsichtiger! , Marie!!! .... Alles
Ausdrucksweisen für Nein ; aus Maries Sicht wohl viel häufiger
als ihr Non!!! .
Außerdem scheint sie oui für überflüssig zu halten.
Wenn man etwa fragt Marie, willst
Du eine Erdbeere? , wird sie nicht oui
sagen sondern stattdessen die Hand ausstrecken. Es gibt keinen Grund,
unnötige Worte zu verwenden... Normalerweise hilft Marie auch den
Erwachsenen effizienter mit Sprache umzugehen. Wenn sie sieht,
dass Erdbeeren auf dem Tisch stehen, wartet sie nicht auf obige
Frage sondern kommt und streckt die Hand aus...
|
Spracheffizienz |
Maries Wortschatz ist noch recht klein
und natürlich ist das Grammatikverständnis noch nicht ausgeprägt.
Da muss man effizient mit den eigenen Möglichkeiten umgehen. Ziel:
die eigenen Wünsche/Bedürfnisse/Beobachtungen in einem einzigen
Wort prägnant zusammenzufassen. Einige Ergebnisse:
Non!!! | ein allgemeines Nicht-Wollen (normalerweise) |
Mami! | Marie nennt sich selbst Mami . Mami! bedeutet etwa gibt mir das bitte (wenn sie etwas haben
möchte) oder das gehört mir (wenn der kleine Bruder mit ihren
Spielsachen spielt). |
uhn | Gehen wir zu den Hühnern! |
Gaga | Da ist ein Huhn |
older | Wenn Marie das sagt, steht sie normalerweise
vor dem Patenonkel mit dem Rücken zu ihm und streckt die Arme seitlich weg,
so dass er nicht an ihr vorbeigehen kann. Es bedeutet ich möchte
gerne auf die Schultern . Der Wunsch, getragen zu werden, kommt ganz
ohne Worte aus: Marie steht dann vor dem Erwachsenen mit dem Gesicht
zu ihm und umfasst seine Beine. |
Muh | Das kann zweierlei heißen: Gehen wir
zu den Kühen! oder Dort ist eine Kuh/sind Kühe .
Hier beginnt sich Maries Spracheffizienz übrigens langsam aufzuweichen.
Je nach Stimmung und Kontext wird Muh auch schon
durch die moderneren Worte Vache oder Kuh
ersetzt. Also nicht mehr ein einzelnes Wort für viele verschiedene
Bedeutungen sondern viele verschiedene Worte für dieselbe Bedeutung.
|
Marie ist noch in einer weiteren Art effizient. Ihre Worte sind
fast immer verkürzt. Normalerweise fehlt die Endung, oft auch der
Anfang des Wortes. So steht Kin für Kinder ,
Blum für Blumen
und fel für Apfel .
Das macht es nicht immer ganz einfach, Marie zu verstehen.
Einmal sind wir an einer Wiese mit Pferden vorbeigefahren, Marie
sagte fer , was wir als Da ist ein Pferd!
interpretiert haben. War aber nicht ganz richtig: Marie hatte
einen Apfel im Auto entdeckt und ein Hungergefühl verspürt.
Unser Missverständnis fiel auf, nachdem Marie immer und immer
wieder fer mit zunehmender Eindringlichkeit wiederholte,
obwohl wir schon sehr lange
an den Pferden vorbei waren.
Marie ist nicht immer auf Spracheffizienz bedacht. Es gibt einige
Ausnahmen. Sie singt gerne. Da kann es vorkommen, dass für eine halbe Stunde
und mehr Worte nur so aus ihrem Mund herausquillen. Die Mama
kann einige Wortfetzen verstehen, wie etwa
bonjour, bonjour, bonjour petit , faire dodo, faire dodo . Für den Patenonkel klingt es zwar melodisch, aber er versteht kein
Wort. Die zweite Ausnahme sind melodische kurze Sätze.
Marie ist etwa begeistert von Wir koooooooooommmmmennn! .
Der Patenonkel hat diesen Kurzsatz geschaffen.
Maries Bruder war eben wachgeworden und hatte durch Weinen seine
Einsamkeit ausgedrückt. Der melodische, lang gezogene,
wiederholte Satz sollte
den Jungen auf die Entfernung beruhigen, bis der Onkel seine
laufende Aktivität abgeschlossen hatte. Es war ein voller Erfolg bei
Marie. In der Folge hat sie das Wir kooooooommmenn!
immer wieder wiederholt, speziell, wenn sie ihren Bruder weinen hörte.
|
Verständnisschwierigkeiten beim Patenonkel |
Es war für den Patenonkel nicht ganz einfach, Marie zu verstehen.
Da waren zum einen wichtige Worte, die er noch nie gehört hatte:
dodo (bei uns wohl Heia (schlafen)),
bobo (Aua (Weh)), a coup! (kann ich bitte
was zu trinken bekommen ).
Dann waren da abgewandelte Worte, etwa lepin . Es hat
lange gedauert, bis der Patenonkel verstanden hat, dass lepin
eigentlich lapin heißen sollte, wofür Marie auch
manchmal asen benutzte. Andere Worte waren so
verkürzt, dass sie nur im Kontext verständlich waren, etwa
older (Schultern) und erber (Erdbeeren).
Trotzdem hatte er überwiegend das Gefühl, sich gut mit seinem
Patenkind zu verstehen. |
|
Maries Gesichter |
Ich versuche hier zu belegen, dass
Marie zahlreiche Gesichter hat. Die Gallerie ist keineswegs
vollständig... |

Lieb
|

Fröhlich
|
 |
 |
Erwartungsvoll |
Noch nicht ganz wach |
|
 |
 |
ich weiß nicht genau... |
Stolz |
|
 |
 |
Verträumt essend |
Begeistert essend |
|
|
Hobbies |
Marie ist ziemlich vielseitig und an
vielen Dingen interessiert. |
Kinder |
Marie ist begeistert von Kindern. Sie ziehen
sie magisch an und sie kann stundenlang mit ihnen spielen. Leider sind
die Kinder auf dem Bauernhof alle viel älter als sie und normalerweise
in der Schule. Außerdem sind Anthroposophen Individualisten und
entsprechend ihre Familien nicht sehr beständig. Viele der Kinder
leben außerhalb des Hofes bei einem anderen Elernteil. So kommt
Marie vorwiegend in der Ferienzeit mit Kindern in Kontakt.
|
|
Tiere |

Hier ist Marie bei den Hühnern. Auf dem Bauernhof gibt es an drei Stellen
Hühner. Wenn das Wetter nicht zu schlecht ist, oder außergewöhnliche
Unternehmungen warten, dann muss Marie jeden Tag mindestens zwei dieser Stellen
besuchen. Zunächst konnte Marie sich an beiden Stellen bis jeweils
ca. 1 Stunde aufhalten. Dann gesellte sich an der einen Stelle ein
aggressiver Ganter zu Gänsen und Hühnern. Er sollte Eierdiebe
abhalten. Wir wissen nicht, ob er dieser Aufgabe gewachsen war,
aber zumindest konnte er Marie Angst machen. Sie ging trotzdem
täglich hin, aber hielt deutlichen Abstand zu dem Gehege und
war nach ca. 10 Minuten bereit wieder weiterzugehen.
Noch häufiger besucht Marie die Hasen.
Sie kann dort schon allein hingehen. Normalerweise
bringt sie den Hasen frisch gerupften Löwenzahn und füttert sie damit.
Es fällt ihr auch sofort auf, wenn die Hasen nichts mehr zu trinken
haben. Wir müssen ihnen dann natürlich was geben.
Seltener besucht Marie die Muhs und die Mähs. Die Muhs sind im
Stall. Marie fühlt sich dort nur auf dem Arm eines Erwachsenen wohl.
Denn dort steht der starke Bulle, der manchmal unmotiviert rumbrüllt.
Auch die großen Muttersäue erwecken in Marie kein Vertrauen sondern
deutliche Furcht. Im Stall ist der dritte Lebensraum für Hühner.
Und weil es dort viele Versteckmöglichkeiten für Eier gibt, kann
man auch gelegentlich Hühnerkinder bewundern. Das macht Marie natürlich
sehr gern. Ihr Verhältnis zu den kleinen Ferkeln und Kälbern ist
demgegenüber gemischt. Die Ferkel sausen manchmal wild quiekend
durch den Stall, was Marie etwas verunsichert. Die Kälber würde
Marie streicheln, wenn die denn ruhig halten würden.
Aber, dumme Tiere, wenn Marie ihre Hand nähert, schauen die Kälber
auf und sofort zieht Marie sich wieder in sichere Distanz zurück.
Schließlich leben im Stall noch verschiedene Enten und Herr und Frau
Pfau. Vor ihnen hat Marie keine Angst. Speziell Herr Pfau
gefällt Marie sehr. Wir müssen ihn immer suchen (er läuft frei im Stallbereich
herum), wenn wir in die Nähe des Stalls kommen. Die Mähs sind auf
der Weide. Sie sind eigentlich nur interessant, wenn Marie sie zufällig
sieht oder hört. Der Besuch der Mähs ist kein fester Bestandteil
des regelmäßigen Besuchsprogramms.
Natürlich gibt es auf dem Hof auch Katzen. Marie hat jetzt keine
Angst mehr vor ihnen und kann sie streicheln. Allerdings gelingt
es seltener als sie möchte. Meist geht sie ziemlich forsch auf
die Katze zu, was diese meist zur Verlagerung ihres Aufenthaltsortes
veranlasst. Mama hat Marie deshalb gezeigt, dass man Katzen rufen
muss, wenn man sie streicheln will. Marie versucht das auch.
Wenn die Katze bei der ersten Annäherung Reißaus genommen hat,
läuft Marie hinter ihr her und ruft komm! komm! , aber es
gelingt noch nicht richtig.
Das Verhältnis zu Hunden ist noch deutlich vorsichtiger. Marie
freut sich über jeden Wauwau, den sie sieht, aber die optimale
Entfernung zu so einem Vierbeiner liegt so zwischen 3 und 5 Meter.
Wir haben einige Hunde gestreichelt, aber Marie fühlt sich
noch sichtlich unwohl dabei.
|
|
Blumen |

Vor einem Jahr hat Marie Blumen im Wesentlichen durch Essen kennengelernt
und geschätzt. Wenn sie an Blumen (oder Bäumen oder Gräsern) vorbeikam,
hat sie ein Blatt oder eine Blüte abgerissen und durchgekaut.
Meist hat sie den Kopf weggedreht, wenn man ihr eine Blume unter
die Nase gehalten hat. Das hat sich gründlich geändert. Marie isst
keine Blumen mehr. Dafür huscht sie von Blume zu Blume und schnuppert
an ihnen. Natürlich können dadurch Spaziergänge etwas in die Länge
gezogen werden. |
|
Wasser |
Es ist dem Patenonkel gelungen! Marie mag Wasser ebenso
wie er!
Auf diesem Bild spielt Marie an einer Wassertonne, die
das Regenwasser vom Dach aufnimmt. Sie steht übrigens
auf einem Felspodest in etwa 1 Meter Höhe.
Es hat nur wenige Minuten gedauert,
bis Marie ganz nass war. Zum Glück war es ein heißer Tag und die Sonne
hat die feuchte Kleidung schnell wieder getrocknet. An den folgenden
deutlich kühleren Tagen konnte Maries Wunsch nach dem Besuch
der Wassertonne leider nicht erfüllt werden.
Der Hof ist sehr wasserreich. Es gibt gut 10 Stellen, wo man
am Wasser spielen kann. Zu den meist-frequentierten Plätzen gehört
die frühere Viehtränke, eine gefasste Quelle. Seit wir dort
einen Frosch gefunden haben, der sich fangen und detailliert
betrachten ließ, war der Besuch dieser Tränke ein fester Bestandteil
des täglichen Rundgangs. Nachdem wir den Frosch aus der Viehtränke
befreit hatten, haben wir ihn zwar nie wieder gesehen, aber Marie
hat das Spielen an der Tränke trotzdem gut gefallen. Ganz in
der Nähe ist ein Becken mit Molchlarven. Es hat Marie sehr gut gefallen,
wenn die Larven dem Patenonkel beim Fangversuch entwischt sind.
Aber einige Male war er auch erfolgreich, und Marie
kommte die Larven auf der Nähe beobachten. Beim ersten Mal war
sie noch sehr unsicher und hat sofort mit einem da!
auf das Becken gezeigt und interessiert geschaut, wie die
Larve das Weite (genauer die Tiefe des völlig klaren und kalten
Wassers) gesucht hat. Später hat sie
dann interessiert zugeschaut, wie die kleinen Tiere mit der
neuen Umgebung auf der Hand des Patenonkels zurechtkamen.
Einige waren müde und haben sich einfach in ihr Schicksal
gefügt. Andere haben intensiv (aber natürlich vergeblich)
versucht, der Hand zu entfliehen. Natürlich durften alle
Larven schließlich wieder in ihren gewohnten Lebensraum.
War ganz interessant für
die kleine Marie.
Ein weiteres Standardziel auf den täglichen Hof-Rundgängen
ist das Fischbecken, von Marie Fisch genannt. Maries
Papa hat das Becken eingezäunt, damit keine Kinder reinfallen.
Natürlich gibt es einen Eingang und natürlich zieht dieser
Eingang Marie besonders an, weil man dann den Fischen besonders
nah sein kann. Aber hier heißt es immer zu gefährlich .
Das Quellewasser fließt als kleiner Bach ins Tal und dort
gibt es einige Stellen, an denen Marie prima im Wasser spielen
kann. Unter anderem gibt es einen kleinen Wasserfall (ca. 1,5 Meter),
wo Marie gerne Steine runterwirft.
Die Mama sieht Maries Begeisterung für das Spielen am Wasser
mit etwas Besorgnis. Einige der Stellen sind gefährlich.
Vor einigen Jahren ist ein kleines Mädchen in das Garten-Wasserreservoir
gefallen. Es wäre wohl ertrunken, wenn der
größere Bruder es nicht (wie es heißt an den Haaren) wieder
herausgezogen hätte. Hoffen wir, dass Maries angeborene Vorsicht
ihr ähnliche Katastrofen erspart... |

Man kann auch zu Hause im Wasser spielen. Und dagegen hat nicht einmal
die Mama was einzuwenden. Im Gegenteil, das muss zweimal die Woche
geschehen. Nur schade, dass die Zeiten viel kürzer sind, als beim
Spielen draußen... |
|
Spazieren gehen |
 Marie geht auch sehr gerne spazieren. Auf diesem Bild machen
Marie und der Patenonkel einen großen Spaziergang, ca. 3 Stunden,
während Mama mit dem kleinen Bruder zum Arzt geht. Ich glaube, wir
haben fast alles an Tieren gesehen, was man sehen kann:
Hühner (uhn ), Käfer (Käf ), Fliegen (Muck ),
Ameisen (Meis ), Kühe (Muh ), Hunde (Wauwau ),
Katzen (Miau ),
Pferde (Fer ), Schafe (Mäh ) und alle Tiere im Stall.
Natürlich kann man nicht die ganze Zeit gehen. Gelegentlich muss
man eine Pause (repos ) machen.
Dazu sucht man sich eine Mauer; die gibt
es in der Gegend an fast jeder Ecke. Da setzt man sich drauf
und isst mitgebrachte Kekse und trinkt Tee. Danach betätigt
sich Marie gerne als Umweltzerstörerin. Sie liebt es mit
Steinen zu spielen. Und Mauern sind erstklassige Steinelieferanten.
Jeder einzelne Stein ist eine Herausforderung. Ob es Marie
gelingt, ihn aus seiner Verankerung zu lösen? Wenn es gelingt, kann
man den Stein entweder wegwerfen oder an anderer Stelle wieder
aufsetzen. Es war gar nicht einfach, Marie davon zu überzeugen,
dass zu Mauern aufgesetzte Steine nicht ausgegraben werden dürfen.
Trotzdem war der Spaziergang für sie wohl eine angenehme Erfahrung.
Von diesem Zeitpunkt an waren Mauer und repos assoziiert.
Wann immer wir eine Mauer sahen, hat Marie sie angesteuert und
repos gesagt. |
Natürlich kann Marie trotz Pausen noch
keine 3 Stunden laufen. Einen Großteil der Strecke hat sie
auf den Schultern des Patenonkels zurückgelegt. Sieht ungefähr aus
wie auf diesem Bild. Dort oben hat man einen tollen Rundblick,
sieht alle Käfer, Fliegen und Schmetterlinge,
kann Blätter von Bäumen abreißen und auf Essbarkeit prüfen,
Hollunderblüten ernten und zerpflücken und ist hinreichend weit
von Hunden oder anderen potentiell gefährlichen Tieren entfernt,
denen man begegnen könnte. Ein optimaler Platz... |
 |
|
Ausflüge |

Marie macht sehr gerne Ausflüge, vor allem mit dem Auto. Hier besuchen
wir einen Tierpark. Es gab Tiere, die Marie begeistert haben, vor
allem die Tiger (Miau ), und andere, die Marie große
Angst gemacht haben. Am schlimmsten war das Nilpferd. Eigentlich sah
man von den Nilpferden nur die Nasenlöcher und die Augen. Alles
andere war im Wasser versteckt. Und zunächst hatte Marie auch keine
Angst. Aber gerade, als wir an dem Gehege standen, musste eines
der beiden Nilpferde schnauben; das Wasser ist bis zu uns gespritzt.
Marie war in höchstem Maße beunruhigt. Wir mussten sofort weitergehen.
Selbst als wir eine halbe Stunde später nochmal an dem Gehege vorbei
mussten, hat Marie entsetzt Non!!!!! gerufen und sich weit in
die andere Richtung gelehnt. Aber er führte leider kein Weg
an den Nilpferden vorbei. Und es war auch schnell überstanden... |
|
Steine und Pfützen |
|
Marie liebt Steine und Pfützen. Wann immer man irgendwo hinkommt,
wo lose Steine rumliegen, werden sie von Marie gesammelt.
Danach werden sie meistens einem Erwachsenen übergeben. Ein besonderer
Reiz geht auch von nicht ganz losen Steinen aus. Sie fordern
Marie heraus, ihre Geschicklichkeit auszuprobieren. Werde ich
diesen Stein nicht vielleicht doch lösen können. Damit stellt
Marie eine beträchtliche Gefahr für die zahlreichen Mauern
der Gegend dar.
Ähnlich anziehend wirken Pfützen. Mama bemüht sich intensiv um
das Verständnis,
dass Pfützen nur in Stiefeln als Spielplatz akzeptabel sind.
Es klappt schon so in etwa 90 Prozent der Fälle.
Aber von Zeit zu Zeit vergisst Marie diese Einschränkung und
tritt mit normalen Schuhen oder gar Hausschuhen in schöne
schlammige Pfützen. Natürlich schimpft Mama danach mit der
kleinen Marie... |
|
Klettern |

Marie klettert für ihr Leben gerne. Allerdings ist das obige Bild
mit Marie auf einem ca. 2 Meter hohen Holzstoß gestellt. Sie ist
nicht selbst hochgeklettert, sondern wurde von ihrem Patenonkel
dort abgesetzt, damit sie die Katze der Nachbarin streicheln konnte.
Sie hat sich aber nicht unwohl gefühlt und nach dem Streicheln der
Katze die Umgebung erkundet.
In diesem Zusammenhang eine kleine Anekdote. Der Weg zu den Schafen
führt über zwei in eine Stützmauer eingelassene Stufen. Der Weg ist
so gefährlich, dass für Maries Mama extra ein Geländer angebracht
worden war. Marie kann das Geländer nicht erreichen und die Stufen
sind für sie zu weit auseinander. Als wir zum ersten Mal diesen
Weg nahmen, wollte ich Marie runterheben. Antwort: Non!!! .
Ich war verwundert. Marie wollte offenbar zu den
Schafen, aber ich war überzeugt, dass sie ohne meine Hilfe keine
Chance hätte. Also versuchte ich es nochmal: Komm, Du kannst
runterfliegen . Aber nein, die Antwort war wieder Non!!!
und die kleine Marie wisch ein wenig vor mir zurück, dass ich
sie nicht etwa einfach fangen könnte. Nachdem sie sich überzeugt
hatte, dass ich keinen derartigen Versuch machen würde, begann
sie mit dem Abstieg. Sie nutzte geschickt vorstehende Steine
in der Stützmauer aus, um sich festzuhalten und zwischen den Stufen
Halt für die Füße zu finden. Nach etwa 10 Minuten war das Hindernis
kletternd überwunden und ich war stark beeindruckt. Leider hatte ich
keinen Fotoapparat dabei.
|
|
Tanzen |
 |
Die Begeisterung für Tanz und Musik hat Marie von ihrer Mama.
Für diese ist Tanzen ein Muss ähnlich wie Schlafen. Auch Marie
macht das Tanzen viel Spaß. Allerdings habe ich den Eindruck,
dass es seit meinem letzten Besuch etwas nachgelassen hat.
Ich vermute, dass die Mama nicht genügent Zeit hat, mit
Marie zusammen zu tanzen. 2 kleine Kinder, Arbeiten und zusätzlich
ein Haus Renovieren sind wohl doch recht viel für eine Familie.
Da bleibt die eine oder andere Nicht-Muss Aktivität auf der
Strecke. Gut, wenn ab und zu der unverbrauchte Patenonkel vorbeikommt,
und einige Fäden für kurze Zeit wieder aufnehmen kann. |
|
Bücher |
Marie schaut begeistert Bücher. Sie macht
das so gern, dass man sie damit sogar ins Bett locken kann:
Komm, wir gehen ins Bett. Du kannst dort noch ein Buch kucken .
Es ist dabei fast unwichtig, um welchen Buchtyp es sich handelt.
Kataloge und Werbebroschüren sind ebenso gut geeignet wie
Kinderbücher. Selbst die völlig bilderlosen Krimis, die der
Patenonkel als Französisch-Training liest, scheinen
interessant für Marie. |
 |
|
Spielen |
 |
Natürlich
spielt Marie auch gerne. Im Sommer, bei nicht zu schlechtem Wetter,
vorwiegend draußen. Dort gibt es ein Rutscheauto, ein Schaukelpferd
und einen Sandkasten, ferner viele Stöcke, die Marie von zahlreichen
Spaziergängen mitgebracht hat, und natürlich viele Steine zum Sammeln
und wieder verstreuen. Wichtigster Spielpartner ist der kleine
Bruder. Wir werden im nächsten Abschnitt noch einige Bilder sehen.
|
Am neuen Haus gibt es ein Kinderhaus, in dem Marie auf diesem Foto spielt.
Ich glaube, es wurde vom Nachbarn gebaut. Er ist Künstler und arbeitet
gerne mit Holz. Normalerweise macht er daraus Teller, Pokale, Trinkgeschirre,
Schüsseln, Platten, ... Seine Stücke sind sehr schön und ungewöhnlich
leicht aber für einen
geizigen Menschen wie Maries Patenonkel deutlich zu teuer. Das Kinderhaus
ist natürlich auch aus Holz. Er hat es wohl für seine Kinder gebaut,
die normalerweise bei Ihrer Mama in der Schweiz leben und gelegentlich
zu Besuch kommen.
|
 |
|
Der kleine Bruder |
 Er hat es nicht ganz leicht, der kleine Bursche. Zum Unglück für ihn
kam er als zweiter auf die Welt, mit nur geringem Abstand zu Marie. Was
bei Marie ganz herausragende Ereignisse waren, wie die ersten Schritte,
das erste Krabbeln, das zunehmende Interesse für immer weitere Teile
der Umwelt, und intensiv unterstützt und gefördert wurde, ist bei
ihm eher eine Selbstverständlichkeit, um die wenig Aufhebens gemacht
wird. Insbesondere bei Maries Patenonkel ist das auffällig. Wenn Marie
vor einem Jahr Hilfe brauchte, um etwa von Punkt A nach Punkt B zu kommen,
hat er stets bereitwillig geholfen. Jean sagt er demgegenüber heute
Hey, schrei nicht sondern streng Dich an. Du kannst das! .
Oder er sagt, dass Jungs hart werden müssen und nicht zu sehr verwöhnt
werden dürfen.
Der kleine Jean kämpft mit aller Macht gegen diese Vernachlässigung
an. Und er hat eine beeindruckende Stimme als Waffe. Wenn man ihn
warten lässt oder ihn nicht sofort beachtet, setzt er sie sofort ein.
Er braucht nur wenige Minuten für das von Null auf Hundert ,
wobei Hundert bedeutet, dass der ganze Hof durch sein Schreien erzittert.
Maries Patenonkel sagt dann Schrei nur ein wenig, das macht hart! ,
aber die Mama ist sensibler. Meist hat Jean sein Ziel nach wenigen
Minuten erreicht. Auch Marie setzt gelegentlich ihre Stimme als
Kampfmittel ein, verstärkt seit sie von ihrem Bruder die Wirksamkeit
lernen konnte. Aber sie wird durch Weinen müde;
es dauert normalerweise nur wenige Minuten an und danach kann Marie ins Bett.
Jean wird demgegenüber durch Weinen stimuliert. Er kann problemlos
mehrere Stunden auf Hundert schreien. Maries Patenonkel hat dies
angenähert mal erfahren dürfen. Es war schon spät am Abend,
Jean schien müde und wurde ins Bett
gebracht. Aber der Besuch war zu interessant, als dass der kleine
Jean schon hätte schlafen wollen. Er begann aus vollem Hals zu schreien.
Die Mama, durch zahlreiche pädagogische Anmerkungen in Hinblick
auf Tyrannei durch Kinder sensibilisiert, schien entschlossen, diesmal
den Kampf zu gewinnen. Nach einer halben Stunde, in der eine Unterhaltung
mit dem Besuch fast unmöglich war, gab sie auf. Der Kleine durfte
wieder an der Gesellschaft teilnehmen und zeigte schnell das
gewinnende Lächeln des Siegers.
Auch ansonsten tut Jean alles, den Vorsprung der Schwester möglichst
schnell aufzuholen. Essen ist für die ganze Familie extrem wichtig,
aber besonders für den kleinen Jean. Trotz zahlreicher
Zwischenmahlzeiten setzt der Hunger oft
bereits eine halbe Stunde vor der offiziellen Essenszeit
ein. Die Zubereitung des Essens wird deshalb häufig von einem
ohrenbetäubenden Geschrei begleitet, das man durch Brotkrusten
oder Kekse etwas mildern kann. Wenn das Essen schließlich fertig
ist, dann isst Jean und isst und isst und isst und ...
Maries Patenonkel wird immer an der starken Hans erinnert,
der so stark war, dass alles (Gewöhnliche) zerbrach, wenn er es anpackte.
Seine Prognosen: Jean wird ein Riese von 2,30 bis 2,60 Meter Größe werden.
Obwohl 13 Monate jünger, hat er die Schwester in Bezug auf
Größe und Gewicht schon fast eingeholt.
Neben dem Essen
hat im Moment das Laufenlernen und Krabbeln Priorität. Jean
kann an einer Stütze (Wand, Stuhl, Tisch, Person, ...) allein aufstehen und
dann daran entlanglaufen. Eine entfernte Stütze erreicht er durch
Krabbeln auf allen Vieren. Es ist darin viel pragmatischer,
als Marie es vor einem Jahr war. Ihr schien Krabbeln unter ihrer Würde.
Häufig zieht Jean aber das Schreien dem Krabbeln vor, was ihm von
Maries Patenonkel ein Hey! Schrei nicht! Streng Dich an! einbringt.
Manchmal ist Jean auch daran interessiert, an beweglichen Stützen zu laufen.
Gemeint sind damit natürlich die beiden Hände eines Erwachsenen, der mit ihm
durch die Gegend läuft. Auch hier wird Schreien eingesetzt, wenn der
anvisierte Erwachsene Jeans Wunsch nicht hinreichend schnell versteht.
Jean kann Stunden so durch die Gegend laufen... Wie früher Marie, so
ist jetzt Jean der Beherrscher des Tisches. Nach den Mahlzeiten der
Erwachsenen, an denen Jean selbstverständlich immer teilnimmt und mit
denen er seine eigenen Mahlzeiten ergänzt,
darf er auf die Eckbank am Tisch. Von dort aus beherrscht er etwa
75 Prozent der Tischfläche. Alles Zerbrechliche oder für Kinder Gefährliche
(wie Messer und Gabeln) wird auf den restlichen 25 Prozent in Sicherheit
gebracht. Trotzdem gelingt es Jean von Zeit zu Zeit einen Gegenstand
von außerhalb seines Einflussbereiches zu erhaschen. Die Erwachsenen haben
noch nicht herausgefunden, wieso er das immer wieder schafft.
|
|

Marie kommt überwiegend gut mit ihrem Bruder zurecht. Man kann ihn
bemuttern (Essen und Trinken geben, Dinge verbieten, mit ihm schimpfen)
und ihn in das eigene Spiel einbauen.

Besonders interessant ist es, den kleinen Jean zu transportieren.
Am alten Haus passiert das meist auf dem Rutscheauto, am neuen
Haus steht dafür ein alter Kinderwagen bereit. Auf dem Bild
kann Marie ihren Bruder noch in der leeren Küche spazieren fahren.
Wir haben ihr diese Möglichkeiten wenige Tage später verbaut, weil
wir die Küche provisorisch aufgestellt haben. Wie man daran sieht,
wird das neue Haus bald bezugsfertig sein. Wir rechnen noch mit
etwa 2 bis 3 Monaten Arbeit. Die offiziellen Einweihungsfeiern sind
für den 14 Juli (natürlich) vorgesehen.

Jean eignet sich auch besonders gut dazu, gebadet zu werden.
Marie hat neben dem konventionellen Bad auch das Sandbad für
Jean entdeckt. Leider sieht man es auf dem Bild nicht: Die Mama hat die beiden überrascht, wie Marie immer wieder
eine Kelle Sand über dem Kopf des kleinen Bruders ausgeleert hat.
Zur großen Freude beider Kinder. Obwohl der Sohn jetzt
über und über mit Sand bedeckt ist, kann auch die Mama darüber
lachen.
Marie darf auch das Wasserbad mit ihrem Bruder teilen, aber die
Mama übernimmt dabei die Handhabung von Seife und Shampoo, weil
es sehr unwahrscheinlich ist, dass Jean ansonsten auch dieses
Bad so lieben würde wie das Sandbad.
|
|
Die Familie |



Bei den Bildern fällt auf, dass der Papa fehlt. Das ist leicht zu erklären.
Er gehört zu den Menschen, die sehr darunter leiden, selbst gesteckte
Ziele nicht erreicht zu haben. Er hatte sich vorgenommen, das neue
Haus bis Mai bezugsfähig zu machen. Aber, wie wir gelesen haben, fehlen
noch 2 bis 3 Monate. Deshalb gab es für ihn nur eine Devise: schaffen,
schaffen, schaffen... Nun gibt es einen wichtigen Helfer für
frühere und zukünftige Holzarbeiten. Und dieser Helfer hat seinerseits
Bedarf an einem Fachmann für Betonarbeiten, womit der Papa sich gut
auskennt. Da ist es natürlich selbstverständlich, dass auch ihm geholfen
wird. Und natürlich eignet sich dafür die Besuchszeit des Patenonkels,
weil dann ein erfahrener Haushaltshelfer zu Hause zur Verfügung steht.
Kurz, der Papa war die Hälfte der Zeit 200 km entfernt damit beschäftigt,
eine Terasse einzuebnen, und die restliche Zeit am neuen Haus
beschäftigt. Vor dem Wegfahren hatte er der Mama noch mitgeteilt,
dass es auch für den Patenonkel genügend Arbeiten am neuen Haus gibt,
so dass er sich nicht langweilen muss...
Nun, die Mama sieht die termingerechte Erreichung gesteckter Ziele
nicht als so wichtig an. Sie hat deshalb die Abwesentheit des Papas nicht
dazu genutzt, den Onkel am neuen Haus arbeiten zu lassen, sondern
mit ihm und den Kindern Ausflüge und Spaziergänge zu machen. Das
sah sie auch als Teil der Gastgeberpflicht an (es hat zudem auch Spaß gemacht),
insbesondere weil sie in der anderen Woche 2 Nächte arbeiten
musste und ein Wochenende bei einem Tanzseminar war. Ja, für die Mama
ist Tanzen viel wichtiger als die Einhaltung eines selbstgesteckten
Termins. Jede Woche fährt sie einmal ins 150 km entfernte Lion,
um an einem Kurs für israelische Tänze teilzunehmen, und
am 18. Juni gibt der Kurs dort eine Vorführung für lokale Größen
aus Gesellschaft und Politik. Da muss man viel üben, an Seminaren teilnehmen
und sich um Kostüme kümmern. Und sogar die Kinder, die normalerweise
absoluten Vorrang haben, müssen ein wenig zurückstecken. Die Mama
sieht das aber so nicht, denn da ist ja auch der Papa (und Onkel), der
sich mal um die Kinder kümmern kann. Trotz der erwähnten
Prioritätsunterschiede scheint die Beziehung in sehr gutem Zustand
zu sein, und auch den Kindern geht es offensichtlich gut.
|
|
Essen |
Ihr habt geglaubt, ich würde dieses wichtige Thema diesmal
nur am Rande abhandeln? Nein, angesichts der großen Bedeutung
des Essens kann ich das nicht!
Wie das Foto zeigt, kann Marie inzwischen ziemlich
zuverlässig mit dem Löffel essen. Auch von der Gabel macht sie
schon guten Gebrauch. Aber in der Mehrzahl der Fälle sind die
Hände doch noch effizienter. Marie findet beispielsweise überhaupt
nichts dabei,
die Erdbeeren oder Kirschen in einem Früchte-Quark Nachtisch
mit der Hand zu essen und für den Quark den Löffel zu benutzen.
Das heißt, oft kommt es auch vor, dass Marie bereits bei den
Essensvorbereitungen so viele Früchte gegessen hat, dass sie beim
Nachtisch die Früchte (mit der Hand) an den Patenonkel verfüttert
und sich selbst mit dem Quark begnügt. Ansonsten benutzt Marie
um so eher die Hände, je lieber sie etwas isst, denn dann ist
Effizienz umso wichtiger. Dazu gehören vor allem Fleisch, Saucisse,
Beeren, Kirschen, Käse, Butter, Eis. Nicht dass Marie andere
Dinge nicht essen würde, sie isst eigentlich so ziemlich alles,
aber wenn Marie in ihrer Schüssel Getreide, Gemüse und
Fleisch hat, dann isst Marie zunächst das Fleisch und sagt dann
noch Fleisch ; erst wenn es kein Fleisch mehr gibt, geht sie
an das übrige. Mama hat deshalb einen kleinen Trick auf Lager (der
ohnehin dem französischen Geist deutlich näherkommt): zunächst
wird die Schale mit Getreide gefüllt. Die Schale wird so lange
nachgefüllt, wie Marie noch oder encore sagt.
Im zweiten Gang ist die Schale dann mit Gemüse
gefüllt und erst der dritte Gang bringt das Fleisch.
Damit das halbwegs gut klappt, beginnt das Essen der Kinder
eine halbe Stunde vor dem Essen der Erwachsenen. An diesem
Essen nehmen die Kinder dann nochmal teil, indem die
Erwachsenen ihnen gute Stücke zustecken. Der Nachtisch wird
meist gemeinsam gegessen. Die Kinder bekommen
am Nachmittag nochmal was zu essen: Bananen, Äpfel,
Zwieback, Kuchen, was grad so verfügbar ist. Da ist doch völlig klar, dass
sich die Kinder prächtig entwickeln! Oder?
Und so
sieht Marie aus, wenn sie Eis gegessen hat. Eis isst Marie sehr gern.
Entsprechend hat sie es mit der Hand gegessen. Man muss ihr zu
Gute halten, dass das Eis zu Beginn noch etwas kalt war. Die Mama
musste es fast mit einem Hackmesser portionieren; keine Chance,
es mit dem Löffel in mundgerechte Stücke zu zerteilen. Normalerweise
hätte man ein wenig gewartet, aber obwohl Marie viel geduldiger
als ihr Bruder ist, wäre das bei Eis doch zu viel verlangt gewesen. Also hat
Marie die handlichen (statt mundlichen) Eisstücke in die Hand genommen
und sofort mit dem Essen begonnen. Nach kurzer Zeit begann das Eis
in Maries warmen Händen zu schmelzen, sich über ihr Gesicht zu
verteilen und auf ihr Lätzchen zu tropfen. Das war aber Maries Freude
in keinem Maße abträglich. Ihr erwartungsvolles encore! war
zweimal zu hören. Dann hatte Marie für diesen Tag genug Eis gegessen.
Am nächsten Tag gab es Reis (nicht nur, aber auch). Marie geriet
in große Euphorie Eis! . Ihr ist nicht aufgefallen, dass
am Anfang dieses Wortes ein kleiner aber wichtiger zusätzlicher
Buchstabe war. Als dann der Reis in ihrer Schüssel ankam, war sie
sehr entäuscht und ungehalten. Die Schüssel wurde weggestoßen,
ein verdrießliches Gesicht aufgesetzt und Eis! gefordert.
Als das nicht erfolgreich war, hat Marie Weinen als Mittel zur
Durchsetzung der eigenen Wünsche ausprobiert. Wie schon erwähnt
ist sie darin weniger erfolgreich als ihr Bruder. Sie wurde
geschnappt, frisch gemacht und ins Bett gelegt. Nach eineinhalb
Stunden Schlaf konnte sie sich dann über ihre Nachmittagsmahlzeit hermachen;
ich glaube, einen Berg Früchte. Diese Kinder verhungern
sicher nicht, wenn sie mal eine Mahlzeit ausfallen lassen.
Allerdings würde ich nie glauben, dass Maries Bruder dies für sich zulassen
würde...
|